Gehirn als Denkmaschine

Vom Biomasse-Gehirn zum Elektronengehirn

Menschliches Bewusstsein und Intelligenz sind weit mehr als eine Frage der Informationsverarbeitung. Trotz intensiver Forschung wissen wir bis heute nicht, was das menschliche Denken und Bewusstsein eigentlich ausmacht. Zwar wurden und werden die biochemischen Abläufe im Gehirn genau analysiert, auch wie der Mensch im Kontext von Wahrnehmung und Bewusstsein handelt und denkt, ist jahrhundertelanger Gegenstand der Wissenschaft, es bleibt jedoch bis heute im Dunklen, wie man diese Fähigkeiten künstlich nachbilden kann.

Die Tatsache, dass der natürliche Intelligenzträger „Gehirn“ ein materielles Objekt ist, das physikalischen Grundsätzen unterliegt, mündet in der logischen Annahme, dass man auch im Computer vollständig nachbilden kann, was unser Gehirn leistet. Das wurde bereits im Bereich des Rechnens bewiesen: Künstliche Rechenmaschinen arbeiten schneller, leistungsfähiger und fehlerfreier als das menschliche Gehirn.

Der Nachbau einer „Denkmaschine“

Selbst im Zeitalter von Computer, Digitalisierung und (schwacher) künstlicher Intelligenz stellt eine Denkmaschine nach menschlichem Vorbild eine besondere Herausforderung dar. Der Weg, künstliche neuronale Netze (KNN) nach dem Vorbild unseres Gehirns aufzubauen, hat zu enormen Leistungen in der KI geführt, im Bereich der Wahrnehmung und Mustererkennung menschliche Fähigkeiten zu übertreffen (z. B. ermüdungsfreies Erkennen von Phänomenen auf Bildern). Weitere Fähigkeiten einer natürlichen Intelligenz, wie sie im folgenden Schemabild zu sehen sind, hingegen lassen sich bisher nicht künstlich nachbilden.

Die Funktionen menschlicher Intelligenz reichen von der Wahrnehmung durch die unterschiedlichen Sinnesorgane über die Problemerkennung und Lernen sowie Lösungsentwicklung bis hin zum fertigen Handlungskonzept, dessen Umsetzung in eine Bewegung oder in Kommunikation die wahrgenommene Umwelt im Sinne des Intelligenzträgers verändert. Auch das selbstbestimmte Sammeln, Handhaben und Nutzen von Information und Wissen ist bis heute natürlichen Intelligenzträgern vorbehalten.

Intelligenz mit starker KI realisieren

Starke KI mit den acht Intelligenzfeldern kann durch maschinelle Konzeptualisierung (Entwerfen und Verifizieren von Konzepten durch Maschinen) realisiert werden und so die wesentlichen Bereiche der Intelligenz realisieren: Wahrnehmen, Denken und Handeln.

Schaubild der acht Intelligenzfelder, aus denen die wesentlichen Bereiche der Intelligenz realisiert werden. Den Bereich "Wahrnehmen" behandelt das Intelligenzfeld "Perzeption". Die Felder "Problemerkennung", "Lösungsentwicklung" und "Lernen" sind Bestandteile des Bereichs "Denken" Der Intelligenzbereich "Handeln" wird durch die Felder "Bewegung" und "Sprechakt" ausgemacht. Allen drei Bereichen der Intelligenz liegen zusaätzlich noch die Felder "Information" und "Wissen" zugrunde.

Unsere Vision ist es, eine künstliche Denkmaschine zu erschaffen, die über die Fähigkeiten des menschlichen Gehirns verfügt.

Prof. Dr. Robert Grebner, Präsident der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt

KI Kommunikation

  • VERSTÄNDIGEN
  • SPRECHEN
  • REALISIEREN

Von der Kraftmaschine zur Denkmaschine

Die Chronologie der aufeinander aufbauenden menschengeschaffenen Technologien und Maschinen von der Kraftmaschine bis zur Rechenmaschine in verschiedenen Epochen lässt auf eine logische Weiterentwicklung der Maschinen schließen: Auf der Grundlage der Digitalisierung wird sich die starke künstliche Intelligenz in einer Denkmaschine manifestieren. Das Zeitalter des Intellektualisierens der Maschinen beginnt. Der darauffolgende epochale Entwicklungsschritt wird die Maschinen-Emanzipierung sein, in der Maschinen bereits über eine autarke Intelligenz verfügen und von Eingaben und Programmieren durch den Menschen unabhängig werden.

Das derzeit (kaum) vorstellbare Endziel stellt die Humanisierung der Maschinen dar, wenn die starke KI in humanoiden Robotern wirkt: Mensch und Maschine stehen auf gleichwertigen Intelligenz- und Handlungsstufen.

Die Epochen maschineller Systeme

CAIRO: Inkubator angewandter starker KI

Im Kompetenzzentrum für Künstliche Intelligenz und Robotik (CAIRO - Center for Artificial Intelligence and Robotics) bündelt die THWS ihre KI-Forschungsaktivitäten. Der Fokus liegt auf einem ganzheitlicheren Verständnis der KI und nicht auf isolierten Einzelszenarien, wie sie heutzutage noch üblich sind. Insbesondere werden dabei Methoden der starken KI mit denen angewandter KI entwickelt und verbunden. Starke KI bedeutet, dass die entwickelte Software eigenständig und problemorientiert denken und handeln kann, ähnlich oder genauso wie das menschliche Gehirn. Deshalb nehmen auch ethische und rechtliche Aspekte der KI in CAIRO eine wichtige Rolle ein.

Ziele und Vision

Ziel von CAIRO ist es,

  • die acht zusammenhängenden Felder (siehe Abbildung oben) der dem Menschen eigenen kognitiven Intelligenz interdependent zu erforschen,
  • in ein Anwendungssystem zu bringen und damit
  • einen umfassenden Ansatz der Artificial General Intelligence (AGI) bzw. der starken KI zu realisieren.

Dabei sollen die Forschungsergebnisse der Bayerischen KI-Knoten, welche durch die Hightech Agenda Bayerns eingerichtet wurden, mit in die Anwendung gebracht werden. Insbesondere sollen die Ergebnisse und Erkenntnisse im Schweinfurter Center für Robotik (siehe Webseite CERI und Schwerpunktseite Robotik) eingebracht werden.

Aus CAIRO soll ein System hervorgehen, welches integrierte Lösungen zu den acht Intelligenzfeldern anbietet und damit u. a. in der Lage ist,

  • den Umgang mit Sprache,
  • mit körperlicher Bewegung und
  • mit seinem eigenen Ich

im Rahmen sozialer Interaktionen und seiner physischen Umwelt zu erlernen und sich dabei ein Wertesystem aufzubauen (Prägung), so wie es unser menschliches Gehirn auch kann.